Für Liebespaare, Großfamilien und heimliche Revoluzzer.
Im zweiten Stock ist alles ein bißchen kleiner und vielleicht auch gemütlicher als im ersten Stock: Die verglaste Veranda mit dem sensationellen Talblick, der schmale Balkon direkt unter dem Dachvorsprung, das Badezimmer, das trotzdem eine Wanne hat. Mit der Renovierung 2013 wurden das blaue Schlafzimmer und das Wohnzimmer erweitert, der schöne Holzfußboden abgeschliffen, und das Schlafzimmer bekam an Stelle der alten Bauernbetten ein handgeschreinertes Bettkonzept, das sich vom Doppelbett zum Matratzenlager für vier Personen umbauen lässt.
Auch im Turmzimmer steht ein Doppelbett, was zusammen mit dem neuen Sofa im Wohnzimmer ein ungewöhnlich hohes Kuschelpotenzial ergibt.
Der Name „Turmzimmer“ bezieht sich übrigens auf einen Turm, der nie gebaut wurde: Aus dem Zimmer sollte nach den alten Plänen ein Aussichtstürmchen herauswachsen und dem Schiedköpfl ein schloßähnliches Äußeres geben, was der Erbauer des Hauses in letzter Sekunde verhindern konnte.
Es gehört zu den ewigen Schiedköpfl-Paradoxien, dass der zweite Stock deutlich mehr Schlafplätze hat als der erste: Zählt man die (eher für Kinder geeigneten) Betten im so genannten Eumenidenschloß in der Dachschräge hinter dem Badezimmer dazu, kommt man mit Turmzimmer und Bettkonzept auf neun Schlafplätze.
Seit die Küche komplett auf den Flur verbannt wurde, ist in Wohnzimmer und Veranda jede Menge Platz zum Wohnen, was auf dem Schiedköpfl heißt: Die Krimis aus dem Regal auf der Veranda lesen; Brettspiele spielen, die man aus dem Sekretär im Wohnzimmer des ersten Stockwerks gemopst hat und am nächsten Morgen natürlich zurückbringt; Touren planen und das köstliche Berchtesgadener Bier trinken. Zwar ist ein TV-Gerät vorhanden, doch die finsteren Blicke der Großeltern Kelber auf ihrem Hochzeitsporträt mahnen: Höchstens die Tagesschau!
Aufwachen, noch im Bett liegend die Vorhänge aufziehen und den Watzmann anschauen...
Fernsehen kann man auch aus den Fenstern, die im zweiten Stock zwar auch kleiner sind, aber mit der Renovierung um zwei große Dachfenster erweitert wurden. Mehr Licht! Das Turmzimmer wird auch Watzmannzimmer genannt, aus dem einfachen Grund, dass man hier morgens direkt nach dem Aufwachen noch im Bett liegend die Vorhänge aufziehen und den Watzmann anschauen kann. Was fehlt, ist der Neiderbalkon, auf den man sich im Sommer zum Sonntagsbrunch in den ersten Stock einladen lassen sollte und den man, wenn der erste Stock nicht belegt ist, auch selbst benutzen darf, ebenso wie das Klavier im Dreimädelhaus.
Bei aller Kuschligkeit hat der zweite Stock aber auch seine Mysterien: Was verbirgt sich in der Rumpelkammer zwischen den beiden Schlafzimmern? Wohin führt die geheimnisvolle Treppe, die vor einer Falltür endet? Für Kinder ein abenteuerliches Faszinosum, für Erwachsene die vielversprechendsten Ecken auf der Suche nach fehlender Bergsteiger- oder Skiausrüstung.
Hierfür sei auch die Truhe auf dem Flur im ersten Stock empfohlen, wo sich die entfernte Verwandtschaft trifft. Leider kommen diese Treffen etwas seltener vor, seit der zweite Stock seine eigene Telefonnummer hat.
Text: Cornelia Kelber
Spaziergänge wie es so Brauch...
Aus dem hohen Norden trafen wir hier ein
und sieh', es brauchte nicht lange, wir fanden ein gastliches Heim
In dem „oberen Watzmannzimmer“, –
dies wird ... ... sich vergessen wir nimmer
versanken wir fast drei Tag',
und wir ... die Spitze von jedem Berg
in tiefem Nebel lag.
Doch nicht lang', da besinnt sich das Wetter auch
Wir machten Spaziergänge wie es so Brauch,
jetzt müssen wir scheiden, Euch danken
wir, für die schöne Zeit in den Bergen hier!
Hanns und Rolf Verstl, Juli 1929
In herzlicher Dankbarkeit
Ein jeder kann nicht Maler sein,
Mir fall'n auch keine Verse ein.
Ich kann nur Nam' und Datum schreiben
und würde gern noch länger bleiben.
In herzlicher Dankbarkeit für die wunderschönen
Tage vom 16.-23. August 1932
Karl Michaelis, August 1932
An Ruhetagen
Ob Sonnenschein ob Regenguß
Die Berge ich besteigen muß.
Nie werd ichs müd,
Hinaufs mich zieht.
An Ruhetagen
Fahr ich im Wagen
Und solch großer Gastlichkeit
Verdank ich eine schöne Zeit,
Daß, geh' ich fort
Jedwedes Wort
Zu schwach mir scheint
Als Dank, der gemeint.
Konrad Fleck, August 1930